Über Danielle: Was ist mir wichtig?
Das Wort und seine Macht
Auch in Zeiten von Twitter & Co. glaube ich an die gewaltige, manchmal leider auch gewaltsame Macht des Wortes, des gesprochenen wie des geschriebenen. Dabei fällt es mir schwer, mich auf ein einziges Genre festzulegen, doch habe ich Schwerpunkte. Zum einen Phantastik (ich bewundere Jorge Luis Borges! Wegbereiter des Magischen Realismus), zum anderen düstere Zukunftsromane (Dystopien), die ich mit fantastischen Elementen, gerne aus Dark Fantasy, verbinde. Doch nicht alle meine Ideen stammen aus fantastischen Welten, so schreibe ich zudem erzählende Belletristik, die gänzlich (oder zumindest zu 98 %) in der Realität verankert ist.
»If thought corrupts language, language can also corrupt thought«
(George Orwell)
Hier hat der in vielerlei Hinsicht fantastische Dystopie-Autor und Journalist Orwell mit wenigen Worten resümiert, worüber ein Essay des Titels Kausalität zwischen Sprache und Gedanken auf vielen Seiten referieren könnte: Unbesonnene Gedanken verleiten viel eher zu boshaften, inhaltsleeren Worten als durchdachte. Aus Impulsivität oder Hass ausgestoßene Sätze verlieren an Exaktheit, man denke nur ans Fluchen. Obwohl ich auch bisweilen, wenn nichts, aber auch gar nichts so will wie ich, ein herzhaftes Verdammt! ausrufe 😕 Ich bin halt Mensch …
Umgekehrt glaube ich, eine „be-dachte“ Sprache kann sehr wohl Gedankengänge beeinflussen. Doch je mehr wir Sprache reduzieren (ja, das tun wir, die Sprache an sich trifft keinerlei Schuld), umso mehr verarmt unsere Gedankenwelt. Diesen Fakt (be-)nutzt in meinem Roman SchattenWeiss die sanktionierende Behörde NOEMA (lt. DUDEN: Inhalt eines Gedankens im Unterschied zum Denkvorgang), indem sie die Gewalt purer, roher Worte skrupellos anwendet, um einzuschüchtern und ihre Macht zu demonstrieren. Nötigenfalls wird das Wort in Mund und Hirn gedreht, bis die NOEMA ihre passende Antwort hat – und sie besitzt die alleinige Deutungshoheit! Ohne fundierte Gedanken keine wahren Worte. Ohne wahrhaftige Gedanken und Worte kein aufrichtiges Handeln.
Kinder-/Jugendtage
Lesen 📚: Wenn ich las, war ich mit nichts hinterm Ofen hervorzulocken (okay, kein Ofen, ein ganz gewöhnliches Kinderzimmer). Ich liebte Märchen: Gebrüder Grimm, russische Volksmythen (unerschöpfliche Fundgrube! siehe den Sammler Alexander Nikolajewitsch Afanassjew) und japanische Fabeln (Teestube zu den drei Seiten, Die heiligen Rollen, Der verkaufte Traum, Yamamba sind mir in angenehm-gruseliger Erinnerung). Ich verschlang die Bücher des Traummeisters Michael Ende, von Enid Blyton, Otfried Preußler, Astrid Lindgren, Lewis Caroll, Anna Sewell … Doch! Ich hatte auch Menschenfreunde zum Spielen 🙂
Während ich dies schreibe, fühle ich mich wieder als Kind in unserer Kleinstadt-Bücherei, meinem damaligen Sehnsuchtsort: Hohe verheißungsvolle Räume voller Geschichten, toller Abenteuer, abgehobener Träume und strudelnder Gedanken! Anfangs durfte ich nur zwei durchstöbern (Kinderbücher) und wollte ganz schnell älter werden (das hat sich inzwischen geändert 😉), um alle erkunden zu können. Ich denke zurück an vollgestopfte Holzregale, für die oberen Etagen standen Leitern bereit, und es roch nach allem, was mich glücklich machte. Noch heute liebe ich Fotos von Bibliotheken (was Besucher meiner Facebook-Seite wissen dürften). Wie wunderbar es war, diese fremden, aufregenden Welten zu entdecken, als alles neu war – ich war einfach noch nicht so „be-lesen“. Klar, auch jetzt schaffen es Autoren, mich in ihren Bann zu ziehen, aber es ist schwieriger geworden.
Fasziniert haben mich in den letzten Jahren die Romane von Neil Gaiman und – spät, ich weiß – Gabriel García Márquez, Hanya Yanagihara, Haruki Murakami, Jesmyn Ward, Richard Russo, Jeff Talarigo, Erin Morgenstern, Luca Di Vulvio, Manfred Kyber, V. S. Naipaul, Folco Terzani, Jonathan Franzen, Jeffrey Eugenides und, und, und …
Schreiben ✎: Als Grundschulkind begann ich, kurze Geschichten zu schreiben, so weit ich mich erinnere über meine Lieblingstiere: Hunde, Pferde und Ratten. Und Mini-Theaterstücke (Kasperle & Co.), die sich meine Familie, vor dem Puppentheater versammelt, anhören musste. Ich denke, sie haben mich trotzdem geliebt.
Als Teenager
… habe ich mich durch die deutschsprachige Trümmerliteratur gelesen, Werke, die unter dem Einfluss des Zweiten Weltkrieges entstanden sind: Wolfgang Borchert, Heinrich Böll, Wolfdietrich Schnurre, Siegfried Lenz, Alfred Andersch (Begründer der legendären Gruppe 47). Später die verstörend schönen Gedichte von Gottfried Benn und Else Lasker-Schüler. Dann Jean Paul Sartre (wohl portioniert nur 1 Buch pro Jahr, ich wollte ja noch Freude am Leben haben), John Steinbeck (heute fast vergessen: Der fremde Gott), Ray Bradbury (für mich unvergessen: Das Böse kommt auf leisen Sohlen), Stephen King, Antoine de Saint-Exupéry und natürlich: Dystopien! George Orwell, Aldous Huxley, Albert Camus, Wolfgang Jeschke, José Saramago …Und so viele mehr. Ein stilles Eintauchen in das Leben fiktiver Menschen, deren Dasein sich ganz anders anfühlte als meines.
Ich glaube, was mich an meiner eigenen Endlichkeit am meisten stört, ist die Unmöglichkeit, meine Liste zu lesender Bücher jemals beenden zu können (es kommen ja stetig neue hinzu).
Geschrieben habe ich immer, sofern Zeit blieb, denn das Leben stellte natürlich auch seine Aufgaben an mich. Doch habe ich lange gebraucht, um mich an die Veröffentlichung zu wagen, ich gehöre fürwahr nicht zu den extrovertierten Zeitgenossen und zweifele (leider) recht schnell an mir. Alles begann mit einer Kurzgeschichte (Wüstenclowns), die entgegen meiner Erwartung und zu meiner unbändigen Freude sofort in eine Anthologie aufgenommen wurde. Ein kleiner Schritt … Dann folgten Kurzgeschichten über Kurzgeschichten und andere Projekte (wer mag, siehe hier: Anthologien). Später mein Debüt-Roman Hybris (Dystopie), noch später SchattenWeiss (wieder Dystopie). Dazwischen drei Erzählungen (Rattenbutler, Kaltmamsell, Grabflüsterin).
Und heute?
Werde ich größenwahnsinnig und plane einen Mehrteiler. Aus dem Plot des zunächst geplanten einzelnen Romans entstand rasch die Idee einer Trilogie. Je mehr ich über die drei Bände nachdachte, um so mehr Einfälle kamen, neue Figuren und Charaktere (nicht nur menschliche) tauchten auf und plötzlich stand die neue Welt klar vor meinen Augen. Vielmehr: die vielen neuen Welten …
Zwischenruf 😤 📣
»Das kann sie nicht schaffen«, rief mein erster erschrockener Gedanke.
»Wieso sollte sie denn nicht?«, murrte meine innere Stimme.
»Das wird zu viel«, brüllte der erschrockene Gedanke. »Zumal sie keine Vollzeit-Autorin ist. Womöglich kommt sie auf die Schnapsidee, ihren Job hinzuschmeißen. Wir wollen doch nicht hungernd und frierend auf der Straße landen!«
Denkende Stille.
»Wer nicht wagt …«, begann die Stimme.
»Firlefanz«, schrie der erschrockene Gedanke. »Ich kenne sie viel zu gut. Sie kann nicht schreiben, bloß weil sie gerade mal ein bisschen Zeit hat. Sie braucht Muße! Ruhe! Echte Ich-Zeit!«
Bockige Stille.
»Viele Autoren haben neben ihrem Beruf geschrieben«, sagte die Stimme schnaufend. »Denke an E.T.A. Hoffmann, Franz Kafka, Ferdinand von Schirach, Uwe Tellkamp, Siri Hustvedt, John Grisham, Paul Auster …«
»Das kann man doch nicht vergleichen«, krawallte der erschrockene Gedanke. »Wer weiß, wie weit sie überhaupt kommt. Immerhin geht es hier auch um uns. Auch Gedanken und innere Stimmen brauchen ein Zuhause. Ein beheiztes, bitteschön.«
Nachdenkliche Stille.
»Jetzt lass sie doch erst einmal anfangen«, schlug die innere Stimme vor.
»Papperlapapp!« Der erschrockene Gedanke schlug – gedanklich – Purzelbäume. Wohl nicht vor Freude. Und wandte sich direkt an mich: »Hast Du Dir überhaupt überlegt, was das heißt? Du willst nicht einfach mehrere Bücher schreiben, die müssen nicht nur irgendwie zusammenhängen, sondern auch noch einzeln lesbar sein. Du willst doch Deine Leser nicht enttäuschen! Hierfür brauchst Du nicht ein paar Gedanken, sondern eine ganze Armee.«
»Jetzt nicht militärisch werden«, mahnte die innere Stimme mit einem Tonfall irgendwo zwischen aufsässig und zuversichtlich. »Außerdem hat sie doch viele Ideen. Einfälle. Also Gedanken. Und wenn’s nicht reicht, vermehrt ihr euch halt hurtig.«
»Dann sollte sie diesen Aberwitz wenigstens nicht wie ein Marktschreier auf ihrer Website ankündigen, aus der Nummer kommt sie nicht mehr raus.« Der Gedanke klang echt echauffiert. »Unnötig in Zugzwang bringen, nennt man das.«
»Verdammt«, schrie ICH. »Haltet die Klappe. Beide!«
Manche Dinge passieren halt. Wenn ich jetzt kneife, wie stehe ich dann vor all meinen wundervollen, schönen, hässlichen, glücklichen, verzweifelten, verliebten, fiesen, traumhaften Figuren da? Allesamt bestenfalls halbfertig. Wie Kuchenteig, an dem noch mindestens die Hälfte der Zutaten fehlt. Vom Mixen (also Schreiben), Kneten (also Redigieren) und Backofen (also Lektorat) ganz zu schweigen. Ich kann sie doch nicht in halbgarem Zustand verenden lassen. Romanfiguren haben auch ein Recht auf Leben. Punktum!
Doppeltes Schweigen. Ein schmunzelndes und ein murrendes.
Ich fange dann mal mit dem ersten Band an … mehr von Zeit zu Zeit in meinem Blog.
Ach ja, wer wissen möchte, wie meine Sprech- und nicht nur meine Schreib-Stimme klingt: Ich durfte kurz vor Weihnachten 2019 ein Telefon-Interview geben (das erste meines Lebens, herrje war ich aufgeregt!). Bei Herms Promi Corner, auch wenn ich gar kein Promi bin. 🙂